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Sollte man nicht gemeinsam gegen die AfD demonstrieren?

Antwort auf den Offenen Brief von Stefan Rommerskirchen zum Protest-Aufruf des Runden Tisches gegen Rechts gegen die AfD vom 3.5.2023

Der Brief von Stefan Rommerskirchen kann hier gelesen werden.

Sehr geehrter Herr Rommerskirchen,

gerne will ich auf Ihren Brief antworten und einige Missverständnisse aufklären.

Erstens vergessen Sie: Ich bin nicht der kommissarische Vorsitzende. Ich bin nur einer der zwei gleichberechtigten kommissarischen Vorsitzenden des Runden Tisches gegen Rechts. Der andere ist Detlef Förster, ein langjähriges und verdientes Mitglied der SPD – ein bekennender und aufrichtiger Sozialdemokrat. Alle Erklärungen des Vorstands und jede Aktion sind gemeinsam beschlossen, keiner kann den anderen überstimmen.

Zum Zweiten: Ich bin Demokrat. Es ist absolut richtig, dass ich als LF-Mitglied auf der offenen Liste mit der MLPD „Internationalistische Liste / MLPD“ kandidiert habe und, voraussichtlich, bei kommenden überregionalen Wahlen wieder kandidieren werde. Das LF ist eine Trägerorganisation des Internationalistischen Bündnisses aus aktuell bundesweit 41 Organisationen, das zu Wahlen seit 2017 mit der MLPD gemeinsam antritt. Ich selbst bin Kommunist, weil ich sowohl überzeugter Demokrat bin, als auch ein Gegner jeder Ausbeutung und Unterdrückung. Mein Grundprinzip ist die Solidarität. Deswegen trete ich für eine gesellschaftliche Alternative, eine grundlegenden Verbesserung der bestehenden Verhältnisse ein. Und insofern distanziere ich mich auch nicht von den genannten Positionen der MLPD:

  • Revolution: Ist die notwendige gesellschaftliche Umwälzung hin zu einem System, dass den Bedürfnisse der Menschen dient und nicht den Profiten der Konzerne. Eine Revolution ist kein Putsch und ist nur mit der direkten Unterstützung der Massen möglich.
  • Diktatur des Proletariats: Ist die wirkliche Demokratie, in der der Wille der Masse der Bevölkerung unmittelbar zählt. Das ist Demokratie, die Diktatur der Mehrheit, denn sie entscheidet dann wirklich über die Geschicke des Staats.
  • Kommunismus: Die klassenlose Gesellschaft, in der nicht nur der Privatbesitz an Produktionsmitteln abgeschafft ist, sondern der Grundsatz gilt „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“. Sie muss über den Sozialismus aufgebaut werden, in dem noch der Grundsatz „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung“ gilt.

Keines dieser Ziele ist undemokratisch, ganz im Gegenteil dienen sie der Verwirklichung der Demokratie, ihrer Höherentwicklung über das bisher Erreichte hinaus.

Was mir Drittens bei Ihrem Brief auffällt: Sie sagen nichts zur AfD. Sind Sie nicht der Ansicht, dass die Radevormwalder gegen eine Partei auf die Straße gehen sollten, die rassistische, nationalistische und faschistoide Inhalte offen vertritt, die gegen die Religionsfreiheit kämpft und in der Faschisten – wie auch in Radevormwald – wichtige Positionen bekleiden? Oder ist dieser Protest weniger wichtig als antikommunistische Vorbehalte? In diesem Punkt sollten Sie die in Ihrem Brief ausgedrückte Haltung kritisch hinterfragen.

Viertens, um mit dem Wichtigsten zu schließen: Der Runde Tisch gegen Rechts hat weder den Sozialismus noch den Kommunismus zum Ziel, sondern ist ein überparteilicher Verein auf antifaschistischer Grundlage: Wir kämpfen gegen Rechts und für Demokratie und Freiheit. Auf dieser Grundlage kann sich jeder beteiligen und es steht niemandem zu, jemanden, der diese Prinzipien vertritt, auszugrenzen. So sind neben Parteien auch zwei Radevormwalder Glaubensgemeinschaften und Einzelpersonen Mitglieder des Runden Tisches gegen Rechts, weil auch sie Faschismus und Rechtsextremismus ablehnen und verhindern wollen, auch wenn ihre Weltanschauung eine völlig andere ist, als zum Beispiel meine.

Wenn also auch Sie selbst Demokrat sind, dann kommen Sie ruhig um 18 Uhr auf den Schloßmacherplatz und machen Sie klar: Auch ich bin gegen die AfD, bin gegen Rassismus und Faschismus, obwohl ich kein Kommunist bin, denn man muss kein Kommunist sein, um die in der Bundesrepublik erreichten demokratischen Rechte und Freiheiten zu verteidigen. Sagen Sie: Ich stehe für und mit meiner Weltanschauung gegen diese Menschenverachtung auf. Genau das tun auch unsere christlichen und muslimischen Freunde.

Gerne können wir uns auch persönlich unterhalten.

Mit herzlichen Grüßen

Fritz Ullmann

Ukraine: Fraktion aufgelöst, bevor Verbotsverfahren gegen die Kommunistische Partei beginnt

„Ich erfülle eine historische Mission und erkläre das Ende der Existenz der Kommunistenfraktion. Diese Fraktion muss man nur noch einen Tag ertragen“, sagte gestern der Vorsitzende des ukrainischen Parlaments, der Obersten Rada, Alexander Turtschinow. Einen Tag, bevor das Verbotsverfahren gegen die Kommunistische Partei beginnen würde.

Bei einem Besuch der parlamentarischen Versammlung des Europarats hatte der Wolf noch Kreide gefressen: Er sei der Meinung, Parteien sollten eher durch Wahlen aus der Politik vertrieben werden, als durch ein gerichtliches Verbot. Jetzt hat Schokoladen-Präsident Poroschenko mit einem Gesetz die Fraktion der Kommunistischen Partei der Ukraine auflösen lassen.

Die Fraktion einer legalen und legal gewählten Partei, die bei den (wohl auf absehbare Zeit) letzten ordentlichen Wahlen in der Ukraine 13,2 % der Stimmen errungen hatte. Fraktionschef Pjotr Simonenko wurde aus dem Saal getrieben. Der Rest seiner Fraktion folgte ihm kurz darauf. Heute gibt es die Fraktion der Kommunistischen Partei nicht mehr, obwohl das Verbotsverfahren gerade erst beginnt. Bei solchen Verhältnissen kann es keine Zweifel darüber geben, wie dieses Verfahren ausgehen wird: Der Kommunistischen Partei wird vorgeworfen, die Separatisten zu unterstützen. Mit dem Vorwurf, sie würde vermeintliche Terroristen unterstützen, hat sich schon so mancher Diktator die demokratische Opposition vom Hals geschafft.

Turtschinow machte mit seinen Worten deutlich, in welcher Tradition er sich und die neue Ukraine sieht. Die „historische Mission“ ist der „Kampf gegen den Bolschewismus“ in einem Land, in dem das Ende des Zweiten Weltkriegs nach wie vor von vielen nicht als Befreiung gesehen wird, eben weil sie mit dem deutschen Faschismus verbündet waren. Antikommunismus, Rassismus und Antisemitismus sind in diesem Land nicht nur bei den offen faschistischen Parteien wie der Swoboda stark verbreitet. Die verurteilte Verbrecherin Julija Tymoschenko, Liebling des Westens, hat bei uns keinen rechtsextremistischen Ruf, auch wenn ihre Partei den vielsagenden Namen „Allukrainische Vereinigung ‚Vaterland'“ trägt. Die Partei ist auf europäischer Ebene assoziiert mit der Europäischen Volkspartei, der auch die CDU von Kanzlerin Merkel angehört. Aber die Grenzen zwischen Neonazis von Konservativen sind in der Ukraine fließender als in den meisten anderen Ländern der Welt. Tatsächlich gibt es einen offenen Schulterschluss zwischen den sich selbst als bürgerlich verstehenden Parteien und den Parteien, Straßenkämpfern und bewaffneten Verbänden der bekennenden Faschisten. Als Mörderbanden des Rechten Sektors Dutzende von Menschen, von Antifaschisten bis zu einfachen Angestellten, am 2. Mai diesen Jahres im Gewerkschaftshaus in Odessa bei lebendigem Leib verbrannten, erschossen und mit Knüppeln totschlugen gratulierte Tymoschenko ihnen – Sie hätten die Ordnung wieder hergestellt. Es gibt keine Berührungsängste mehr.

Das ist die neue Ukraine. Was also können wir von dem Verfahren gegen die Kommunistische Partei anderes erwarten, als einen Schauprozess?

Unabhängig von bestehenden ideologischen Unterschieden und in Anbetracht der Lage vor Ort erklären wir unsere uneingeschränkte Solidarität mit der Kommunistischen Partei der Ukraine. Wir haben keinen Zweifel daran, wie Faschisten über Kommunisten urteilen werden und erwarten ein Verbot der KPU. Wir hoffen, dass möglichst viele Mitglieder der KP in der Ukraine einer Verhaftung entgehen können.

Ich erinnere daran, wir beteiligen uns an der Spendenkampagne der Roten Hilfe e.V. zur Unterstützung linker Organisationen in der Ukraine. Hier nochmals das Spendenkonto:

Spendenkonto Rote Hilfe e.V.
IBAN: DE25260500010056036239
BIC: NOLADE21GOE
Stichwort: Antifa Ukraine