Archiv der Kategorie: Antimilitarismus

Nachruf und Aufruf: Ivana Hoffmann war eine Heldin

Ivana HoffmannEs ist lange her, dass eine Deutsche für eine gerechte Sache gefallen ist. Am vergangenen Samstag, den 7. März 2015, einen Tag vor dem internationalen Weltfrauentag, am frühen Morgen gegen 3 Uhr ist die deutsche Genossin Ivana Hoffmann aus Duisburg bei der Verteidigung von Til Temir gefallen.

Ich will ein Teil der Revolution sein., schrieb Ivana Hoffmann in ihrem Abschiedsbrief, als sie sich aufmachte, um in Rojava zu kämpfen. Sie wurde am 1. September 1995 in Emmerich am Rhein geboren. Als sie starb, war sie nur 19 Jahre alt.

Die Tragödie ihres Tod hatte einen Sinn und eine Bedeutung, ebenso wie ihr Leben war er ein konsequenter Ausdruck ehrlicher Überzeugung. Sie war Idealistin. Sie musste sterben, weil sie eine Frau war, die mutig und ohne das eigene Leben zu achten gegen die kämpfte, die mit dem Islamischen Staat angetreten sind, um die Menschheit zu unterjochen, zu versklaven, zu brandschatzen und zu morden wie es ihnen gefällt.
Das kann Ihnen nur gelingen, wenn es keine Menschen wie Ivana Hoffmann mehr gibt.

Als Antifaschistin in Duisburg war sie bei der Gruppe „Young Struggle“ organisiert, mit der auch unser Verband Beziehungen unterhält. Sie brach ihre Ausbildung an der Gesamtschule ab, um Rojava gegen den IS zu verteidigen. Bereits seit 6 Monaten kämpfte sie nach Auskunft der marxistisch-leninistischen MLKP, der sie sich nach ihrer Ankunft im Kriegsgebiet angeschlossen hatte, mit den Kämpfern der MLKP an der Seite der Volksverteidigungseinheiten YPG und der Frauenverteidigungseinheiten YPJ und mit vielen anderen internationalistischen Freiwilligen gegen die Mörderbanden des Islamischen Staates für die Revolution, für die Freiheit des kurdischen Volkes und die Freiheit der Frau von der Unterdrückung durch die Religion.

Ivana Hoffmann stand nicht am Rande des Geschehens und schaute zu. Sie handelte. Sie bewies die höchste Form der Solidarität gegenüber jenen Genossen, die in größter Not für unsere Ideale und auch um ihr eigenes Leben kämpfen.

Wir bewundern Ihren Mut und Ihre Entschlossenheit. Sie hat als wahre Kommunistin und Internationalistin gehandelt, die durch ihr Handeln das Bewusstsein bewiesen hat, dass uns keine Völker, keine Sprache, und keine Distanz wirklich trennt – Es kommt nur darauf auf, wofür Du Dich einsetzt und was Du mit Deinem Leben tust.

Dass Ivana Hoffmann so jung starb stimmt und traurig. Sie ist nun eines unserer Vorbilder, deren Opfer wir nie vergessen wollen.

Wir verachten den Islamischen Staat, wir hassen seine korrupte, diffuse, verbrecherische Ideologie, wie verurteilen seinen Kampf gegen die menschliche Kultur und Freiheit an sich.

Wir wollen der Genossin Ivana Hoffmann würdig gedenken und uns verabschieden. Morgen, in Duisburg:

Gedenk-Demonstration & Beerdigung | Sa, 14.3 | 13:00 | Duisburg, Hamborn Rathaus

Weitere Informationen:
https://ivanahoffmann.wordpress.com/

Geheimdienst warnt: Islamisten bei der Bundeswehr?

Hier kann man lesen, was der Chef des Militärischen Abschirmdienstes (kurz MAD, oder auch „WAHNSINNIG“ auf englisch) für Gefahren sieht: GMX-Magazin

Faszinierend ist eigentlich nur, dass so einen all die Nazis in der Bundeswehr noch nie gestört haben. Die Bundeswehr bildet also gefährliche Irre an der Waffe aus – nun, was gibt’s sonst Neues?

Ein Kommentar des WDR: Ukrainisches Militär terrorisiert die Zivilbevölkerung und Europa ist mitverantwortlich!

An sich ist es löblich, dass ein Kommentator, der in Diensten der staatlichen Medien steht, es dennoch wagt, diese unleugbare Situation, die faktische und in der Ukraine auch nicht bestrittene Ausrichtung der Putsch-Regierung zu benennen und die Illegalität der jetzigen Regierung auch noch so bezeichnet.

Dass er dabei dennoch, quasi in einer Form verbaler Balance, auch die speziell anti-russische Propaganda wiedergibt, muss man ihm fast verzeihen. „Den Russen“ (Gerda, die Russen kommen!) haltlos eine Mitschuld zu unterstellen ist so selbstverständlich, dass sich selbst Gregor Gysi von der Linkspartei dagegen nicht wehren kann und schon früh einstimmte.

Zu dieser Form der „ausgeglichenen Kritik“ will ich den ständigen Vertreter Russlands bei der Europäischen Union, Wladimir Tschischow, zitieren:

„Unsere Opponenten in dieser Frage – sowohl in der EU, als auch in den USA und in der Ukraine – haben bis jetzt keinen einzigen ernst zu nehmenden Beweis vorgelegt, den man sozusagen im Gericht vorweisen könnte“ … „Mehr noch: Alle Beweise, die die russische Seite vorgelegt hat, haben faktisch keine substantielle Reaktion bekommen, nur Behauptungen, dass dies alles nicht stimme.“ (1. August 2014, RIA Nowosti)

Es zeugt nicht von Neutralität, beiden Seiten pauschal eine Mitschuld zu unterstellen. Es zeugt von Voreingenommenheit.

Und bitte, es soll jetzt kein dumpfer Narr daherkommen und jubilieren: RIA Nowosti (Russische Agentur für internationale Informationen), das ist ja eine russische Nachrichtenagentur! Ja, das ist sie.
Die Stellungnahme der russischen Seite zu den gegen sie gerichteten Vorwürfen kann man wohl kaum unverfälschter bekommen, als aus ihren eigenen Organen. Die Stellungnahmen der EU, der USA und der Ukraine entnehmen ich auch aus deren eigenen Organen (beispielsweise den deutschen Regierungssendern „ARD“ und „ZDF“).
Auf die Gegenüberstellung dieser Informationen und den Vergleich kommt es an.)

Ukraine: Fraktion aufgelöst, bevor Verbotsverfahren gegen die Kommunistische Partei beginnt

„Ich erfülle eine historische Mission und erkläre das Ende der Existenz der Kommunistenfraktion. Diese Fraktion muss man nur noch einen Tag ertragen“, sagte gestern der Vorsitzende des ukrainischen Parlaments, der Obersten Rada, Alexander Turtschinow. Einen Tag, bevor das Verbotsverfahren gegen die Kommunistische Partei beginnen würde.

Bei einem Besuch der parlamentarischen Versammlung des Europarats hatte der Wolf noch Kreide gefressen: Er sei der Meinung, Parteien sollten eher durch Wahlen aus der Politik vertrieben werden, als durch ein gerichtliches Verbot. Jetzt hat Schokoladen-Präsident Poroschenko mit einem Gesetz die Fraktion der Kommunistischen Partei der Ukraine auflösen lassen.

Die Fraktion einer legalen und legal gewählten Partei, die bei den (wohl auf absehbare Zeit) letzten ordentlichen Wahlen in der Ukraine 13,2 % der Stimmen errungen hatte. Fraktionschef Pjotr Simonenko wurde aus dem Saal getrieben. Der Rest seiner Fraktion folgte ihm kurz darauf. Heute gibt es die Fraktion der Kommunistischen Partei nicht mehr, obwohl das Verbotsverfahren gerade erst beginnt. Bei solchen Verhältnissen kann es keine Zweifel darüber geben, wie dieses Verfahren ausgehen wird: Der Kommunistischen Partei wird vorgeworfen, die Separatisten zu unterstützen. Mit dem Vorwurf, sie würde vermeintliche Terroristen unterstützen, hat sich schon so mancher Diktator die demokratische Opposition vom Hals geschafft.

Turtschinow machte mit seinen Worten deutlich, in welcher Tradition er sich und die neue Ukraine sieht. Die „historische Mission“ ist der „Kampf gegen den Bolschewismus“ in einem Land, in dem das Ende des Zweiten Weltkriegs nach wie vor von vielen nicht als Befreiung gesehen wird, eben weil sie mit dem deutschen Faschismus verbündet waren. Antikommunismus, Rassismus und Antisemitismus sind in diesem Land nicht nur bei den offen faschistischen Parteien wie der Swoboda stark verbreitet. Die verurteilte Verbrecherin Julija Tymoschenko, Liebling des Westens, hat bei uns keinen rechtsextremistischen Ruf, auch wenn ihre Partei den vielsagenden Namen „Allukrainische Vereinigung ‚Vaterland'“ trägt. Die Partei ist auf europäischer Ebene assoziiert mit der Europäischen Volkspartei, der auch die CDU von Kanzlerin Merkel angehört. Aber die Grenzen zwischen Neonazis von Konservativen sind in der Ukraine fließender als in den meisten anderen Ländern der Welt. Tatsächlich gibt es einen offenen Schulterschluss zwischen den sich selbst als bürgerlich verstehenden Parteien und den Parteien, Straßenkämpfern und bewaffneten Verbänden der bekennenden Faschisten. Als Mörderbanden des Rechten Sektors Dutzende von Menschen, von Antifaschisten bis zu einfachen Angestellten, am 2. Mai diesen Jahres im Gewerkschaftshaus in Odessa bei lebendigem Leib verbrannten, erschossen und mit Knüppeln totschlugen gratulierte Tymoschenko ihnen – Sie hätten die Ordnung wieder hergestellt. Es gibt keine Berührungsängste mehr.

Das ist die neue Ukraine. Was also können wir von dem Verfahren gegen die Kommunistische Partei anderes erwarten, als einen Schauprozess?

Unabhängig von bestehenden ideologischen Unterschieden und in Anbetracht der Lage vor Ort erklären wir unsere uneingeschränkte Solidarität mit der Kommunistischen Partei der Ukraine. Wir haben keinen Zweifel daran, wie Faschisten über Kommunisten urteilen werden und erwarten ein Verbot der KPU. Wir hoffen, dass möglichst viele Mitglieder der KP in der Ukraine einer Verhaftung entgehen können.

Ich erinnere daran, wir beteiligen uns an der Spendenkampagne der Roten Hilfe e.V. zur Unterstützung linker Organisationen in der Ukraine. Hier nochmals das Spendenkonto:

Spendenkonto Rote Hilfe e.V.
IBAN: DE25260500010056036239
BIC: NOLADE21GOE
Stichwort: Antifa Ukraine

 

MH 17: Kriegspropaganda gegen Neurussland rekrutiert 298 Tote

900px-Flag_of_Novorussia_(project).svgNachdem die Offensive gegen die Volksmilizen in Neurussland (Noworossija) schleppender verläuft, sich die befreite Bevölkerung nicht so recht freuen will, erste Zeugen von Massakern durch die Ukie-Faschisten an der undankbaren Zivilbevölkerung berichten und selbst die Junta in Kiew nur noch von Teilerfolgen sprechen mag, kommt der Abschuss einer Zivilmaschine über Rebellen-Gebiet wie ein rettendes Wunder daher. Und tüchtig Tote gab es auch noch. Perfektes Geheimdienstwetter also.

Als ich heute gegen Mittag einen Kaffee in einem Kiosk in Remscheid bestellte, strahlte sie mich an. „Unabhängig – Überparteilich“ und in bester Kriegs-Litanei. „Ich möchte bitte dieses feine Beispiel Kriegspropaganda kaufen!“ Es bestand kein Zweifel daran, welche Zeitung ich zu kaufen wünschte. „Wissen sie, früher hatten wir den ‚Stürmer‘, die haben für einen Herrn Hitler geschrieben. Das hier hätte ihm sehr gefallen.“, und ich zahlte meine 80 Euro-Cent.

„Dieser Abschuss verändert alles“, titelte DIE ZEIT bereits am 18. diesen Monats, und darum geht es wohl auch. Damit war sie beispielhaft für viele Artikel, die an diesem Tag geschrieben wurden. DIE WELT hielt sich im Titel nicht mit vermeintlich neutralen Formulierungen auf, die man dann erst mühsam wieder in das gewünschte, einseitige Bild der Lage verdrehen müsste, sondern kommentierte sofort „Wie dreist Putin das Unglück instrumentalisiert“, weil dieser es wagte, darauf hinzuweisen, dass es so oder so nicht dazu gekommen wäre, wenn der ukrainische Schokoladen-Präsident Poroschenko die Waffenruhe verlängert hätte. Dazu meint DIE WELT, offensichtlich schon in Kriegslaune, die „Zerstörung der Ukraine kann nicht der Preis des Friedens sein“. Also, weiterschießen, Poroschenko – DIE WELT steht hinter Dir!

Passend dazu die BILD, deren Ausgabe ich wie beschrieben für meine Sammlung sichern musste. Später, in besseren Zeiten, soll nämlich keiner sagen können, er hätte es nicht gewusst: „Wann stoppt die Welt endlich Putin?“ Man möchte meinen, die Redakteure der BILD würden DIE WELT lesen und fordern nun, den Worten Taten folgen zu lassen. Kann aber nicht sein, denn BILD-Redakteure lesen nicht.

Also will die Zeitung, die schon den Mord an Rudi Dutschke in Auftrag gab, jetzt den Kopf des russischen Präsidenten Putin – dessen Zustimmungswerte im eigenen Land übrigens jenseits dessen liegen, was sich Präsident Obama vorzustellen wagen würde. Begründen tut man das mit Beweisen, über die man offensichtlich nur selbst verfügt: „Die Todes-Rakete kam aus Russland!“ Das weiß die BILD und nur die BILD. Es ist, wie der Volksmund sagt, BILD sprach mal wieder als Erster mit der Leiche. Übrigens ist die Wortwahl gar nicht so ungeschickt, denn auch die Ukie-Armee der faschistischen Junta in Kiew verwendet, mangels einer vollständig eigenständigen Rüstungsindustrie, vorwiegend russische Waffentechnik. Darunter befinden sich, entgegen einiger Berichte, auch die mutmaßlichen Tatwaffen, Luftabwehrraketen des Modells Buk (ca. 60 Systeme). Über den ganzen Artikel beschränkt sich die BILD auf das, was sie am besten kann, und das sind haltlose Mutmaßungen, präsentiert in reißerischer Art. Sichere Quellen bestätigen der BILD (offensichtlich „exklusiv“), dass für den Abschuss von MH 17 nur (Ras)Putin alleine verantwortlich sein kann. So genau weiß es sonst nur der CIA (wir erinnern uns: „Saddam Hussein hat definitiv Massenvernichtungswaffen.“).

Warum war MH 17 überhaupt da?

Interessanter Weise sind längst nicht alle westlichen Zeitungen so einhellig dabei, wenn es um die bevorstehende Invasion des Großreiches der Bären im Osten durch die westliche Wertegemeinschaft (Euro, Dollar und Yen) geht. Die Vorsicht gerade US-amerikanischer Zeitungen mag darin begründet liegen, dass man der amerikanischen Öffentlichkeit in den letzten 15 Jahren immer wieder derartige „Fehleinschätzungen“ aus dem Weißen Haus präsentiert hatte, dass die eigene Glaubwürdigkeit unleugbar leiden musste. Ein wenig journalistische Skepsis kann da nur sinnvoll sein.

Jedenfalls, die Washingten Post war vom ersten Moment skeptisch und hatte bereits am Tag des Unglücks eine Kurzmitteilung mit umfangreichen Grafiken veröffentlicht, aus denen unter anderem hervorging, dass Flug MH 17 nicht die übliche Route genommen hatte. Diese Grafik wurde am 19. noch einmal korrigiert: „A previous version of the flight route map relied on estimated data from FlightAware with a large margin of error. We have since updated the map with data from flightradar24.com. (EIne frühere Version der Karte der Flugrouten basierte auf geschätzten Daten von FlightAware mit einer hohen Fehlerquote. Wir haben haben die Karte zwischenzeitlich mit Informationen von flightradar24.com aktualisiert.)“ In der aktualisierten Fassung wird auch der Ausweichkurs beschrieben, mit dem der Luftraum der Ukraine noch am Freitag zuvor umflogen wurde. MH 17 befand sich fast 700 Kilometer nördlich von dieser Route, und das nur einen Tag, nachdem die ukrainische Junta den Luftraum über Neurussland auf Grund der Kämpfe für gesperrt erklärte obwohl Malaysia Airlines seine Flugzeuge ukrainisches Gebiet vor dieser Sperrung noch hatte umfliegen lassen.
Warum? Schlechtes Wetter, wahrscheinlich (Quelle für diese Begründung: die heutige BILD).

Aus einer weiteren von der Washington Post veröffentlichen Grafik geht hervor, dass die letzte bekannte Position der Maschine hunderte Kilometer vor dem von den Rebellen kontrollierten Gebiet liegt, nämlich etwa zwischen Cherkasy und Dnepropetrovsk, ungefähr 350 Kilometer vor der Absturzstelle und mindestens 300 Kilometer außerhalb des von den neurussischen Volksmilizen kontrollierten Gebiets.

Ich will hier nicht einmal auf all die Indizien eingehen, die kursieren, aber nicht zweifelsfrei verifiziert werden können, wie die Nachrichten eines spanischen Fluglotsen, der angeblich um 10:38 Ortszeit, 16 Minuten nach dem Abschuss von MH 17, aus dem Tower von Kiew schrieb:

Antes de que me quiten el tlf o me rompan la cabeza, derribado por Kiev
(„Bevor sie mir den tlf wegnehmen oder mir den Kopf einschlagen, abgeschossen durch Kiew“)

Bereits vorher wurde über den zwischenzeitlich geschlossenen Account berichtet, dass ukrainische Kampfflieger MH 17 noch drei Minuten, bevor die Maschine vom Radar verschwand, begleitet hätten. Aber es ist im Moment unmöglich, zu beweisen, wer diesen Account besessen oder wer über ihn gesendet hat. Ich kann nicht einmal ohne jeden Zweifel beweisen, dass dieser Account je existierte. Das, was wir sicher wissen, muss uns genügen und es ist allemal ausreichend, um misstrauisch zu sein.

Zumal, galt da nicht „In Dubio Pro Reo“ („Im Zweifel für den Angeklagten“) als Grundsatz des Rechtsstaates? Die Erfahrungen aus den letzten Jahrzehnten lehrt uns, dass es kein gutes Zeichen ist, wenn die Presse diesen Grundsatz vergisst und bereits vor der Untersuchung den Namen des Mörders veröffentlicht. Gibt es denn überhaupt glaubwürdige Beweise für die Theorie, dass die Volksmilizen für den Abschuss verantwortlich sind? Da gibt es den angeblichen Mitschnitt eines Telefonates zwischen einem Milizionär und seinen geheimen Auftraggebern in Russland, in dem dieser von dem Abschuss eines Flugzeugs berichtet. Als Quelle wird hier allgemein der ukrainische Geheimdienst genannt.

Es ist nicht logisch nachvollziehbar, warum so ein Gespräch überhaupt stattgefunden haben sollte, denn gerade ein Agent Moskaus würde nicht mal eben bei Putin im Vorzimmer anrufen, um stolz zu berichten, dass man gerade wieder irgendetwas abgeschossen hätte, die neuen Raketen sind echt krass, danke Wladimir nochmal dafür. Dass die Metadaten des Videos, mit dem die Telefon-Geschichte verbreitet wurde, Hinweise darauf liefern, dass es bereits einen Tag vor dem Abschuss von MH 17 erstellt wurde, erhöht die Glaubwürdigkeit ebenfalls nicht.

In wie weit man dem ukrainischen Geheimdienst in seiner gegenwärtigen Verfassung überhaupt trauen kann (angefangen mit dem Überlaufen ganzer Abteilungen zu den Rebellen bis hin zu der Durchsetzung mit neuem, faschistischen Personal), ist noch eine ganz andere Frage – aber selbst ein normaler westlicher Geheimdienst sagt eigentlich nie die Wahrheit, zumindest würden mir spontan nur Beispiele dagegen einfallen (vom „Tonkin-Zwischenfall„, über die Beteiligung an verschiedensten Umstürzen und Morden, bis zu Saddam Husseins wirklich gut versteckten Massenvernichtungswaffen).
Wer also möchte sich bei seiner Bewertung der Lage auf chronische Lügner berufen?

Überraschend viele Menschen scheinen sich darauf einzulassen. Denn interessanterweise fällt es Menschen, die ohne einen zweiten Gedanken daran glauben, dass eine Gruppe von Freiheitskämpfern eine Zivilmaschine abschießen würde, ohne einen Vorteil davon zu haben, im Umkehrschluss ausgesprochen schwer, sich vorzustellen, dass eine faschistische Junta, die die Ukraine von Russen, Juden und anderen Untermenschen reinigen will und für die Stepan Bandera der „Held der Ukraine“ ist, zu so einem Verbrechen in der Lage wäre – selbst, wenn sie einen offensichtlichen Nutzen daraus ziehen könnte.

Dabei wäre es absolut nichts Neues. Schon der zweite Weltkrieg, von dem die ukrainischen Euromaidaner heute so begeistert sind, begann damals mit einer solchen Lüge.

Ukraine/Neurussland: Video zum Abschuss von MH 17 (englisch)

Es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Informationen, die in diesem Video verwendet werden, ebenfalls in als seriös und pro-westlich einzuschätzenden Quellen wie der Tageszeitung „The Washington Post“ verwendet wurden.

Die Sache stinkt, wie ein Angriff auf US Zerstörer vor Ländern, die gerade gar keinen Krieg mit den USA wollen.

Willkommen in Neurussland – Der Versuch einer ersten Betrachtung

Neurussland – in der Landessprache Noworossija – ist der Name des neuen Staates, den Separatisten im Osten der Ukraine ausgerufen haben. Viele haben keine Vorstellung, wie die Ziele des neuen Staates aussehen und ob dieser zu befürworten oder abzulehnen ist. Hier soll aufgeklärt werden, um eine objektivere Diskussion zu ermöglichen.

Eines ist sicher und muss jeder Bewertung vorangestellt werden: Der Westen kann nicht in Anspruch nehmen, die Integrität der Staaten zu respektieren – Er hat sich dutzendfach an ihr vergangen. Wir müssen also prinzipiell davon ausgehen, dass es völlig legitim ist, allemal mit dem direkten Votum der überwältigenden Mehrheit der Bewohner, eine bestimmte Region zu einem unabhängigen Staat zu erklären, denn es kann keine Regeln geben, an die sich nur „die Anderen“ halten müssten. Neurussland ist Realität, Realität die auch den Terrorangriffen der ukrainischen Luftwaffe nach wie vor widersteht.

Der Name – nur eine billige Anlehnung an Russland?

Neurussland im Jahr 1897

Die meisten Menschen nehmen fälschlicherweise an, der Name, den die gegen die Junta in Kiew kämpfenden Rebellen von Donezk dem neuen Bundesstaat gegeben haben, sei lediglich eine Anlehnung an Russland (als Gegenpol zu Europa) ohne weiteren historischen Bezug. Tatsächlich könnte wenig falscher sein. Wir sprechen bei dem Gebiet, dass diese Rebellen in die Unabhängigkeit von dem faschistischen Kiew-Regime führen wollen, um ein Gebiet, dass ursprünglich nicht einmal ukrainisch war.

Die maximale Ausdehnung der neuen Bundesrepublik Neurussland nach der Vorstellung der Rebellen von Donezk (hellrot).

Neurussland war bis zum Ende des 18ten Jahrhunderts Teil des Osmanischen Reiches. Danach wurde es vom russischen Zarenreich erobert – und erhielt seinen Namen: Noworossija, oder eben „Neurussland“. Das Gebiet war dann im russischen Reich eine weitestgehend eigenständige Verwaltungs-einheit. Erst nach der russischen Revolution, genauer gesagt im Jahr 1922, kam das Gebiet erstmalig unter ukrainische Kontrolle, als es bei der Bildung der UdSSR der Ukrainischen SSR (Sozialistische Sowjetrepublik) zugeschlagen wurde. Diese Entscheidung basierte darauf, dass in dem Gebiet von Noworossija zwischenzeitlich eine erhebliche Zahl Ukrainer siedelte und war Teil des Konzepts der Konzentrizität. Dieses Konzept besagte, dass bei der Bildung der Sowjetrepubliken ethnische Gesichtspunkte vorrangig berücksichtigt werden sollten. Historische Ansprüche der Ukraine aus den Streifen Russlands an der Schwarzmeerküste gab es hingegen nicht. Das stellt auch ein wenig in Frage, in wie weit die ukrainische Identität eigentlich durch die Abspaltung eines historisch nicht ukrainischen Gebiets bedroht wäre.

Die Flagge – Provokation oder Bekenntnis?

900px-Flag_of_Novorussia_(project).svgÜber die Flagge Noworossijas wird im Internet – soweit sie überhaupt bekannt ist bzw. Beachtung findet – kontrovers diskutiert. Sie zeigt ein blaues Andreas-Kreuz mit weißem Rand auf rotem Tuch und hat das heute übliche Seitenverhältnis von 1:1,5. In der öffentlichen Wahrnehmung steht die Schwarz-Blau-Rote Tricolore der Volksrepublik von Donezk nach wie vor im Vordergrund.

Die "Flagge der Südstaaten", Amerika

Die „Flagge der Südstaaten“, Amerika

Oftmals hört und liest man dann die Behauptung, bei der Flagge der Rebellen handele es sich um eine bewusste Anlehnung an die Flagge der Südstaaten (eigentlich die Gösch der Konföderierten Marine). Auch diese zeigt schließlich ein Andreas-Kreuz, obendrein in ähnlicher Farbgebung. Damit wolle man die Amerikaner als erklärten Feind provozieren und trage seine Ideologie offen zur Schau: Separatismus und „Rassismus“ (und da für den Vorwurf, die mit den ukrainischen Antifaschisten verbündeten Volksrepubliken Donezk und Lugansk seien eigentlich rassistisch, bisher jeder substantiierte Beweis fehlt, nimmt man begierig alles, was man findet). Eine Gösch ist übriges die Flagge, welche ein Kriegsschiff am Bug hisst, wenn es vor Anker liegt. Da die Benutzung der offiziellen Kriegsflagge eines Landes oft ebenso eingeschränkt ist wie der Gebrauch der offiziellen Staatsflagge, dient die Gösch in gar nicht einmal wenigen Fällen als Erkennungszeichen in der allgemeinen Bevölkerung.

Was die Vertreter der „Südstaaten-Theorie“ zeigen, ist, dass ihnen jedes Verständnis für die Symbolik anderer Kulturkreise fehlt. Stattdessen beziehen sie alles nur auf die eigene, westliche, Geschichte – gibt es denn eine andere? Nun, es gibt eine offizielle Darstellung Noworossijas zur Bedeutung seiner Flagge. Diese ist stimmig mit dem ersten Eindruck, der sich jedem in den Flaggen der Region kundigen Vexillologen (die Flaggenkunde beschreibt die Regeln zur Erstellung von Flaggen) aufdrängen musste.

Historische und gegenwärtige Flagge der russischen Flotte

Historische und gegenwärtige Flagge der russischen Flotte

Dabei stellt das Andreas-Kreuz im Zentrum der Flagge eine Anlehnung an die russischen Wurzeln des neuen Staates dar. Russland hatte lange, bevor es die amerikanischen Südstaaten gab, ein blaues Andreaskreuz auf weißem Grund als Flagge auf seinen Schiffen geführt – Die Andrejewski-Flagge. Diese Flagge war bis zur russischen Revolution, die alle nationalen Symbole erst einmal in die Dachbodenkammer der Geschichte verbannte, mindestens ebenso bekannt, wenn nicht gar bekannter, als die weiß-blau-rote Nationalflagge oder die schwarz-gelb-weiße Romanow-Flagge.

Der weiße Rand zwischen blauem Kreuz und rotem Grund der Noworossija-Flagge symbolisiert Reinheit und Ehrlichkeit als Ideale der Kämpfer gegen die Junta in Kiew und das rote Tuch der Flagge steht für das vergossene Blut der Revolution. Letzteres ist ein eindeutiger Bezug zu den Kommunisten, deren rote Banner genau diese Bedeutung hatten.

Nebenbei: Dem Autor erscheint es wert, zu erwähnen, dass libysche Monarchistenflaggen (Symbol der westlichen „Demokratiebewegung“ aus Islamisten, ehemaligem libyschen Großkapital und einfachen Kriegsgewinnlern) keine drei Wochen nach Ausbuch der Kämpfe im deutschen Internet auf verschiedenen  Seiten bestellt werden konnten. Bei der Flagge Noworossijas ist das, warum auch immer, bisher nicht der Fall. Der Autor bedauert dies ausdrücklich, ist aber nicht überrascht.

Die Regeln – Ein Bündnis der Volksrepubliken

Nach der ausführlichen Betrachtung der Symbole des neuen Staates – Name und Flagge – stellt sich die Frage um so deutlicher: Wo soll die Reise hingehen? Die Nachrichtenlage ist nach wie vor schwierig und der objektive Betrachter ist genötigt, all die Quellen, so zahlreich wie parteiisch, gegeneinander abzugleichen und gewissenhaft zu prüfen. Vieles von dem, was man über Noworossija dabei herausfindet, gibt Anlass zur Hoffnung, hier und da scheint aber auch Kritik angebracht. Was sollen also die Ziele des neuen Staates sein?

Das wichtigste zuerst: Zur Wirtschaft erklärt die gegenwärtige Führung, dass Land, der darunter liegende Grund, Wasser, Flora und Fauna, sowie die „von der Arbeit des Volkes“ geschaffenen Produktionsmittel und das erwirtschaftete Vermögen nicht privat besessen werden könne, sondern dem Volk gehöre. Das würde massive Verstaatlichungen bedeuten. Die Entlohnung werde sich künftig an dem Nutzen der Arbeit des Einzelnen für die Gesellschaft orientieren. Sollten alleine diese Dinge von den beiden Volksrepubliken umgesetzt werden, so sprengt das bei weitem die kühnsten Träume westlicher Linke zur wirtschaftlichen Gerechtigkeit und würde einen Quantensprung in der gesellschaftlichen Entwicklung darstellen. Es wäre die wirtschaftliche Grundlage für eine neue Revolution.

So soll dann auch die Regierungsgewalt in dem neuen Staat möglichst direkt vom Volk ausgehen. Die Legislative soll durch einen Volksrat ausgeübt werden, der von den Sowjets – ja, die neue Föderation verwendet diesen Begriff – gewählt wird. Diese wiederum würden in Betriebs- und Volksräten gewählt. Militärisch stützt man sich auf die Selbstverteidigungsstreitkräfte und die Volksmilizen, die sich zu einem erheblichen Teil aus Freiwilligen zusammensetzen.

Es wurde aber auch bekannt, dass Noworossija eine „Staatsreligion“ einführen würde. Die Russisch Orthodoxe Kirche erhielte hier eine besondere Stellung. Darüber hinaus soll aber die Religionsfreiheit gewährleisten sein, es sei denn religiöse Gruppen gefährden den Frieden innerhalb der Gesellschaft. Die zuletzt gemachte Einschränkung der Religionsfreiheit ist auch aus laizistischer Sicht (im Sinne der Trennung von Kirche und Staat) sicherlich sinnvoll, das aber hätte man auch ohne die Bindung an eine bestimmten Kirche haben können. Die Entscheidung verwundert, will sie doch nicht zu den anderen, schon geradezu revolutionären Erklärungen aus Donezk und Lugansk passen. Es mag allerdings einfach so sein, dass man das extreme Wiedererstarken der Russisch Orthodoxen Kirche nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht ignorieren konnte, so dass sich die Verantwortlichen zu solch einem Bündnis haben verleiten lassen bzw. ein solches Zugeständnis an die Religionsführer für nötig hielten.

Eine gewisse Verwirrung herrscht zur Frage der Amtssprache. Hatten erste Meldungen noch einhellig berichtet, dass russisch und ukrainisch gleichwertig nebeneinander offizielle Amtssprache des neuen Bundesstaates sein sollten, kommen nun verstärkt Meldungen, nach denen russisch die einzige Amtssprache sein solle, ein Recht auf die Verwendung jedweder anderen Sprache zum Zwecke der Kommunikation aber garantiert werde. Was zutrifft, wird sich zeigen, aber hier wären die Volksgouverneure schlecht beraten, sich an der neuen Ukraine ein Beispiel zu nehmen was den Umgang mit Sprache angeht. Die Rechte der Ukrainer, die in dem Gebiet Noworossijas leben werden, sollten peinlich genau geachtet werden. Dazu muss es auch gehören, dass ihre Sprache – neben russisch – in den Behörden des Landes und vor allen Dingen den Schulen gesprochen wird.

Ansonsten soll durch das Bündnis die Unabhängigkeit der Volksrepubliken nicht berührt werden. Auch hier lehnt man sich an die UdSSR an, deren Bundesstaaten erhebliche Entscheidungsfreiheit auf ihrem Gebiet hatten. Eine Erweiterung des Gebiets Noworossijas bis nach Odessa wünschen sich die Volksgouverneure von Donezk und Lugansk: Dnepopetrowsk, Saporoschje, Odessa, Nikolajewa, Charkow und Cherson sollen sich dem neuen Bündnis anschließen. Hierzu wäre aber ein Referendum über den Anschluss nötig.

Bereits vor der Wahl in der Ukraine machten die Volksgouverneure eine beeindruckende Friedensgeste:
Sie erklärten sich bereit, das Ergebnis der bevorstehenden Wahl anzuerkennen – Wenn Kiew auch die Existenz von Noworossija anerkennt.

Kommentar: Ukraine – Demokratisierungsprozess, ganz ohne Wahlen?

Mit dem Begriff „Demokratisierungs-Prozess in der Ukraine“ gibt es zumindest zwei grundsätzliche Probleme, über die dringend lauter gesprochen werden muss.

Erstens unterstellt man damit, dass vorher keine demokratischen Verhältnisse geherrscht hätten denn „Demokratisierung“ würde ja bedeuten, dass die Demokratie erst hergestellt werden müsse. Die Legalität der Wahlen, in Folge derer Janukowitsch zum Ministerpräsidenten der Ukraine wurde, der unter anderem von Russland (und zufällig mit Recht) nach wie vor als rechtmäßiger Ministerpräsident der Ukraine betrachtet wird, hat im Westen niemand ernsthaft in Frage gestellt. Wahlen sind anscheinend grundsätzlich undemokratisch, wenn ihr Ergebnis dem Westen nicht gefällt. Solche Ergebnisse kann es eben nicht geben, denn wir sind die Guten: Die Legitimität der neuen Regierung leiten wir folglich einfach aus dem unterstellten Willen der angenommenen Mehrheit der Bevölkerung ab. Mit der gleichen Legitimität ließe sich übrigens das Merkel-Regime absetzen und die Rheinische Räterepublik ausrufen – Eine Sache, die wir vielleicht im Auge behalten sollten.

Zweitens behauptet man somit – was weit dramatischer, wenn auch im Westen üblich ist – dass eine Putschisten-Regierung, deren Mitglieder zu keinem Zeitpunkt und von niemandem gewählt wurden und stattdessen mit Gewalt an die Macht gekommen sind, eine qualitative Verbesserung gegenüber einer gewählten Regierung sein könnte. So etwas nennt man dann „Nationale Übergangsregierungen“.  Wir hatten das in den letzten Jahren immer wieder, zuletzt in Libyen. Mit Übergang will man den Eindruck erwecken, dass es irgend wann sicher mal wieder eine echte Wahl geben wird. Nachdem man seine Kritiker beseitigt hat. Vielleicht.

Dazu kommt dann noch, dass im Lager der „Nationalen Übergangsregierung“ auch offen faschistische Kräfte wie der so genannte „Rechte Sektor“ aktiv sind. Auch das mag sich nicht so richtig mit der klassischen Vorstellung von Demokratie vertragen.

Man muss es ganz klar sagen und darf dabei keine Missverständnisse aufkommen lassen: Demokratisch ist nicht, was mit dem ausgedrückten Willen der Mehrheit geschieht. Demokratisch ist einzig und allein, was „uns“ gefällt. Dinge die uns gefallen sind zum Beispiel günstige Ressourcen. Und dass man an solche Dinge ohne eine ordentliche Regierung viel besser herankommt hat sich über Jahrzehnte wieder um wieder, vom Kongo bis Libyen, bewiesen.

Hinter dem Begriff „Demokratisierung“ versteckt sich heutzutage also mehr denn je die westliche Unterstützung für Diktatoren und Putschisten.

Dass sich dann viele vielleicht wirklich sicherere Verhältnisse unter der imperialistischen Konkurrenzmacht Russland versprechen, zumal wenn man mit dieser geschichtliche Bindungen hat – auch wenn es uns nicht gefallen mag, kann es denn überraschen?