Gegen die Idee eines neuen Wahlprogramms

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Ein Diskussionsbeitrag zur Landtagswahl

Nun; gestern ist es passiert. Der NRW-Haushalt ist abgelehnt. Die rot-grüne Minderheitsregierung ist gescheitert. Das Parlament ist aufgelöst. DIE LINKE ist im Wahlkampf. Was folgt nun?

Folgt man den bisherigen Vorankündigungen in den Verteilern der Partei, würde in nur wenig mehr als einer Woche ein außerordentlicher Landesparteitag in NRW einberufen, um sich mit dem Landeswahlprogramm der Partei zu befassen. Ich selbst hoffe, dass dies nur als formaler Schritt zu sehen ist, mit dem die Gültigkeit des bestehenden, fortschrittlichen Wahlprogramms bestätigt werden soll. Wenn ein neuer Programmentwurf vorgelegt wird, hielte ich das für fatal.

In einem so engen Zeitfenster besteht keine Chance, die Inhalte eines neuen Programmentwurfs tatsächlich mit der Basis zu diskutieren und ihre Impulse aufzunehmen. Zumindest teilweise müsste es bereits den Delegierten schwer fallen, sich ein klares Bild von einem neuen Entwurf zu schaffen – Auch wenn dieser, wiederum auf Grund der Zeit, nicht den Umfang des ursprünglichen Beschlusses für 2010 haben kann. Die Problematik eines Programmentwurfs, dessen Inhalte weitestgehend unbekannt und nicht breit diskutiert sind, ist klar.

Durch einen solchen Schritt würde der erreichte Grad an Demokratie in unserer Partei, der unzweifelhaft mit der Diskussion und, letzten Endes, dem Beschluss des Landeswahlprogrammes NRW für 2010 erreicht wurde, zu Nichte gemacht.

Aber machen wir uns nichts vor, und räumen wir es uns stattdessen ein: Es gibt in der LINKEN Strömungen und Cliquen, die eine solche Situation als Gelegenheit betrachten könnten, ihre Vorstellungen zur Partei-Doktrin erklären zu lassen, ohne dass dies von der Basis in dem nötigen Umfang zur Kenntnis genommen und tatsächlich akzeptiert würde.
Gegen einen solchen Versuch müsste man als Demokrat Stellung beziehen und ihn verhindern.

Potentiell gefährlich sind daher auch die Überlegungen in Richtung einer – prinzipiell sinnvollen, das mag ich nicht bestreiten – Aktualisierung des Wahlprogrammes. Das bestehende Wahlprogramm der LINKEN. NRW hat, je nach Druckform und Format, so um die 60 Seiten. Aktualisierungen, so sinnvoll sie auf den ersten Blick erscheinen, würden schnell einen Umfang erreichen, der im Ergebnis auf das Selbe hinaus käme wie die Vorlage eines neuen Entwurfes: Ein von der Basis nicht diskutiertes und ihr unbekanntes Dokument, dessen Tragweite im Detail (insbesondere für unsere Mitglieder) nicht abzusehen wäre.

Es fehlt einfach an der Zeit – Und wie sprach Goethe noch zur Demokratie? „Die Demokratie rennt nicht, aber sie kommt sicherer zum Ziel.“

Ich möchte meinen: Wenn wir sie hetzen, dann stolpert sie.

Ganz praktisch gesehen wäre es außerdem fatal, wenn wir in einem verkürzten Wahlkampf mit einem neuen Wahlprogramm stünden, das der Basis nicht vertraut ist. Es ist ja die Basis, die den Wahlkampf auf der Straße führt, und den Menschen dort Rede und Antwort steht.

Alte Forderungen, die in der nun vergangenen Periode nicht erreicht wurden (oder die sich als nicht durchsetzbar erwiesen), zu behalten, darin sähe ich auch kein Problem, sondern schlimmstenfalls einen Ausdruck von Beharrlichkeit.

Wir wollen grundlegende Veränderung, das ist unser Anspruch, das macht uns aus!

Auf der anderen Seite können wir bereits Erreichtes sicher nicht sinnvoll erneut fordern. Das tun wir auch nicht. Bedenkt, Genossinnen und Genossen, ein Wahlprogramm ist eben nicht mehr als eine Absichtserklärung, die sich zeitlich auf die kommende Wahlperiode bezieht. Das sind fünf Jahre, und die sind noch nicht vorbei. Es hat ja auch niemand daran gedacht, dass Programm innerhalb der letzten zwei Jahre zu aktualisieren.

Ich halte es aus allen diesen Gründen für notwendig, an dem bestehenden Wahlprogramm festzuhalten.

gez.

Fritz Ullmann
Stadtverordneter im Rat der Stadt Radevormwald und Delegierter zum Landesparteitag, KV Oberberg

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