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Offener Brief: Jetzt neu – Pfändung von Sozialleistungen!

Gesetzesänderung hebt Pfändungsfreibeträge für die Ärmsten faktisch auf – und die Sparkasse in Radevormwald ist „Vertreter der Gläubiger“

2021 waren 6,16 Millionen Privatpersonen in Deutschland überschuldet (8,86%) – 3,08 Millionen Haushalte. 32% der Haushalte müssen Einkommenseinbußen durch diverse Systemkrisen verkraften. Sie treiben uns in die Armut, es gibt keinen Grund für Scham: Jedem kann das passieren. Auch mir.

Im letzten Jahr ging es nicht mehr weiter: Nach mehrmonatigem Bemühen um „Leistungen zum Lebensunterhalt gem. ALG II“ (Hartz IV) erhielt ich im Januar 22 endlich meinen Bewilligungsbescheid. Solche Verzögerungen, ohne es an dieser Stelle weiter bewerten zu wollen, kommen vor. Schulden und ein Pfändungsschutz-Konto (P-Konto) waren ebenfalls mein Eigen. Ich erhielt mehrere Tausend Euro durch die mehrmonatige Nachzahlung. Bitter nötig, denn in der Zwischenzeit musste ich mir Geld leihen, um zu überleben. Dann aber: Das Geld ist gesperrt! Ich bemühte mich um Klärung, aber die Mitarbeiter der Sparkasse Radevormwald lehnten den Bewilligungsbescheid als Nachweis, dass es sich um Sozialleistungen handelte, ab und verlangten stattdessen eine Auskunft des JobCenters (die dieses übrigens noch am selben Tag erteilte). Danach forderten sie den zuvor abgelehnten Bewilligungsbescheid „nach“ – um dann schließlich zu erklären, dass Geld sei so oder so zu pfänden. Anstatt sachkundiger Beratung gab es heuchlerische Erpressung: Man sehe sich als Vertreter der Gläubiger, die ein Recht auf ihr Geld hätten, und sei (großzügig!) bereit, das Konto frei zu geben, wenn die Pfändungen von den eingegangenen Sozialleistungen völlig beglichen würden (ich hätte ja genug).

„Niemand sagt dir das“ – asoziale Änderung in § 904 ZPO

Bis Ende letzten Jahres wurde der Pfändungsfreibetrag über die Monate der Nachzahlung gerechnet. Dann aber bleibt nichts für die Gläubiger, also hilft der Gesetzgeber: Jetzt sind Sozialleistungen, wenn sie aus Nachzahlungen des JobCenters stammen, vor Pfändung nicht mehr automatisch geschützt. Seit Dezember letzten Jahres muss ein angehender Leistungsempfänger, wenn er auf eine Nachzahlung über mehrere Monate wartet und Pfändungen zu fürchten hat, zum Amtsgericht und dort seinen Pfändungsfreibetrag individuell festlegen lassen; insofern ist der Pfändungsfreibetrag für die Ärmsten der Armen aufgehoben. Betroffene müssen ihr Lebensminimum nun eigeninitiativ verteidigen. Ganz nebenbei bedeutet diese Änderung einen erheblichen Mehraufwand für alle Beteiligten. Auch das „P-Konto“ (welches sich die Sparkasse übrigens wegen eines vermeintlichen und nie näher konkretisierten Mehraufwands teuer bezahlen lässt) schützt davor nicht. Es bedürfte hartnäckigen Nachfragens, um von der Sparkasse überhaupt eine Begründung zu erhalten.

Sparkasse Radevormwald leistet hinhaltenden Widerstand

Nachdem eine Einigung mit der Sparkasse offensichtlich unmöglich war und ich mir einige Unverschämtheiten von ihren „Kundenberatern“ anhören musste, blieb mir nur der Weg vor Gericht. Am 2.2.2022 urteilte das Amtsgericht (AG) Wipperfürth weitgehender, als von mir erhofft: Die Zwangsvollstreckung sei ohne Sicherheiten einstweilen auszusetzen. Anstatt mein Geld frei zu geben, interpretierte die Sparkasse dieses Urteil mutwillig anders, nämlich dass weder ich, noch die Gläubiger das Geld bekämen. Dieses schwer nach Rechtsbeugung stinkende Verhalten machte es nötig, das Gericht wieder einzuschalten: Am 2.3. entschied es erneut zu meinen Gunsten, dieses Mal legte es den Pfändungsfreibetrag des Monats Januar (als die Nachzahlung auf meinem Konto einging) auf die Höhe der Nachzahlung fest (übrigens im Einvernehmen mit den Gläubigern, als deren Vertreter sich die Sparkasse Radevormwald mit ihrem schikanösen Verhalten sieht). Heute, nachdem das Urteil schon seit Tagen wirksam ist, hat die Sparkasse mein Geld noch nicht frei gegeben. Obwohl die Sparkasse das Urteil erhalten hat, verlangt sie nun noch eine Bestätigung des Gerichts, dass das Urteil rechtskräftig sei.

Radevormwald, Freitag, 25. März 2022

gez.
Fritz Ullmann, ehem. Stadtverordneter (LF)

P-Konten – unrechtmäßige Sondergebühren auch in Radevormwald!

Nach Änderung der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen sind auch Sozialleistungen vor Pfändungen keinen Tag mehr sicher. So genannte Pfändungsschutzkonten (P-Konten) bieten Schutz – Und dafür zocken einige Banken ihre Kunden ab. Auch in Radevormwald.

„Die Banken zocken die Leute dann teilweise auch noch ab!“, drückte es Herr Rogalski sehr deutlich aus. Er organisert für die Caritas die Schuldnerberatung in Radevormwald und berichtete am Dienstag, den 28. August, dem Ausschuss für Soziales, Sport und Tourismus (ASST). Menschen in finanziellen Notlagen sind seine Klientel.

Dabei ist die gesetzliche Lage doch eindeutig, so betonte er mehrfach. Dennoch sei es auch in Radevormwald immer wieder nötig, sich bei den Banken für Menschen in schwieriger finanzieller Lage – oft auch Hartz-IV Opfer – einzusetzen, damit die Banken diese nicht noch durch willkürliche und gesetzeswidrige Sondergebühren zusätzlich belasten.

„Wir gewinnen ja immer“, erklärte er weiter, dennoch sei dies ein erheblicher zeitlicher Aufwand, der gänzlich unnötig wäre. Warum die Banken sich (letzten Endes müssen wir schlussfolgern: wider besseren Wissens) weiterhin so verhalten und den ärmsten Menschen noch schnell ein wenig mehr abpressen, das könnte er nicht sagen.

Die gute Nachricht: Zu hohe und unrechtmäßige Gebühren für P-Konten müssen durch die Bank zurückgezahlt werden.

Wir empfehlen daher allen Bankkunden, die P-Konten besitzen, ihre Gebühren zu überprüfen und – sollten sie feststellen, dass ihre Gebühren sich erhöht haben – umgehend mit ihren Sachbearbeitern Kontakt aufzunehmen und die Rückzahlung der Gebühren zu verlangen.

DIE LINKE wendet sich zwischenzeitlich in einem Schreiben an die Sparkasse Radevormwald-Hückeswagen und bittet, festzustellen, ob auch Kunden der Sparkasse mit erhöhten Gebühren zu Unrecht belastet werden oder wurden. Sollte das der Fall sein, muss gewährleistet werden, dass jeder einzelne Kunde der Sparkasse sein Geld zurück erhält.