Öffentliche Stellungnahme: Staatsanwaltschaft begründet Behauptungen über angebliche linke Straftaten nicht

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Am 22. Dezember letzten Jahres erschien im rga. ein Artikel, in dem sich der für Radevormwald erst seit kurzer Zeit zuständige Oberstaatsanwalt Willuhn über die Verhältnisse in Radevormwald äußerte. Dabei unterstellte er – unserer Auffassung nach völlig ohne Grundlage – dass es in Radevormwald „Lagerkämpfe von Rechten und Linken“ gäbe.

Er setzte die vorgefallenen Straftaten in diesen Zusammenhang und erklärte weiter, dass die Straftaten in Radevormwald eher im unteren Bereich der Kriminalität anzusiedeln seien. In unserer Pressemitteilung vom 6. Januar diesen Jahres (s. hier) haben wir uns auch an den Herrn Oberstaatsanwalt gewendet und ihn aufgefordert, seinen Standpunkt zu erklären. Am 18. Januar erreichte uns seine Antwort (s, hier). Darin bekräftigt Oberstaatsanwalt Willuhn seine Aussagen, begründet aber wiederum nichts. Hierzu nehmen wir mit Schreiben vom 27. Januar öffentlich Stellung – und das können Sie hier lesen:

Sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt Willuhn, sehr geehrte Damen und Herren,

wir empfinden Ihre Ausführungen zu unserer Pressemitteilung vom 6. Januar diesen Jahres als fragwürdig.

Tatsächlich vermeiden Sie es in Ihrem Schreiben, die von uns aufgeworfenen Fragen zu beantworten, Ihre zuvor gemachten Aussagen zu begründen und nutzen auch nicht die Gelegenheit, eventuelle Missverständnisse auszuräumen.

Konkret begründen Sie Ihre zuvor aufgestellte Behauptung, in Radevormwald fänden „Lagerkämpfe zwischen Rechten und Linken“ statt, nicht. Sie bekräftigen hingegen sogar, hiermit seien Straftaten verbunden. Diese Behauptung substanziieren Sie jedoch erneut in keinster Weise. Wiederum fordern wir Sie auf, diese Bewertung Ihrerseits zu begründen.

Zwar ist es, wie Sie ausführen, richtig, dass unsere Unkenntnis von linken Straftaten nicht zwangsläufig belegt, dass keine solchen Straftaten vorgekommen sind, jedoch ist dies nicht der wesentliche Gegenstand unserer Ausführungen: Keine Stelle macht uns gegenüber Angaben zu Straftaten, die dem linken Spektrum zuzuordnen wären, obwohl dies ansonsten üblich ist.

Daher können wir derartige Behauptungen bis auf Weiteres nur als unbegründet abweisen.

Ihre Versicherung, es gäbe in Radevormwald derartige Straftaten, reicht indes nicht aus.

Sie ist nicht nachvollziehbar, zumal Sie konkretere Ausführungen unter Berufung auf Ihre Schweigepflicht verweigern. Für Ihre Schweigepflicht relevante Daten sind jedoch nicht Gegenstand unserer Aufforderung gewesen.

Die Persönlichkeitsrechte und Interessen der Täter und Opfer sind durch die Bekanntgabe der Zahl und Art der von Ihnen angeblich erfassten Straftaten des linken Spektrums in keiner Weise gefährdet. Deswegen ist die Angabe solcher anonymisierten Informationen allgemein üblich und Grundlage der parlamentarischen Arbeit sowie der Arbeit der Nachrichtenagenturen. Vielmehr müssten Sie begründen, warum Sie die Bekanntgabe solcher Informationen verweigern.

Wir fordern Sie daher erneut auf, uns Zahl und Art der Ihnen angeblich bekannt gewordenen, dem linken Spektrum zuzurechnenden Straftaten bekannt zu geben. Ersatzweise fordern wir Sie auf, zu begründen, warum Sie derartige, anonymisierte und rein statistische Angaben nicht machen können.

Eine entsprechende Anfrage zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) in Radevormwald werden wir nun ebenfalls an die Kreispolizeibehörde Oberberg stellen.

Der zwischenzeitlich erfolgte Angriff eines Neofaschisten auf einen Polizisten, als er beim Sprühen rechtsextremistischer Parolen gestellt wurde, zeigt in besonders drastischer Form die Bereitschaft der rechten Täter, Gewalt anzuwenden.

Wer sich für eine solche Aktion bewaffnet und diese Waffen dann auch ohne zu zögern einsetzt handelt planvoll und bewusst. Über diese erneute Bestätigung der Gefährlichkeit der rechten Szene sind wir und, dessen sind wir sicher, alle Radevormwalder Bürger sehr betroffen.

Betroffenheit hat aber darüber hinaus, auch in der Bürgerschaft, die Stellungnahme des oberbergischen Polizeisprechers, Herrn Kuba, ausgelöst. Dieser hatte mit Bezug auf den schnellen Erfolg der Ermittlungen in diesem Fall unter anderem erklärt, die Ermittlungen seien diesmal, zumal es einen Kollegen beträfe, „mit Herzblut“ geführt worden.

Gerade im Hinblick auf die ausbleibenden Ergebnisse in anderen Verfahren – bei denen keine Polizisten, sondern normale Bürger Opfer der rechten Gewalt geworden waren – kann man diese Aussage bestenfalls als wenig feinfühlig und ungeschickt bezeichnen. Einige mögen sie als entlarvend empfunden haben.

Zusammenfassend stellen wir klar, dass wir von einer Überforderung der Justiz bei der Bestrafung rechter Täter, anders als von Ihnen unterstellt, nicht auf Grund Ihrer Ausführungen (so kritisch wir diese auch sehen mögen) sprechen, sondern weil bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein rechter Täter verurteilt wurde.

Mit freundlichen Grüßen

gez.

o

Fritz Ullmann

Da auch unsere diesbezügliche Anfrage an die Verwaltung der Stadt Radevormwald vom 1. Dezember letzten Jahres (s. hier) völlig unverständlicher Weise unbeantwortet blieb, haben wir, wie angekündigt, noch am gleichen Tag eine Anfrage an die Kreispolizeibehörde Oberberg gesendet, die sie hier lesen können.

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