Unter einem Sozialschmarotzer stellt man sich landläufig jemanden vor, der „parasitär“ einen persönlichen Nutzen aus der gesellschaftlichen Leistung zieht.
Wir haben in diesem Land zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht einmal einen voll entwickelten Kapitalismus, aber er versteht es zusehends besser, die Reste des ehemaligen Sozialstaates zu Unterdrückungsinstrumenten umzufunktionieren.
Mit williger Hilfe der Sozialdemokraten, versteht sich. Wie üblich. Die Agenda 2010 charakterisiert das ganz wunderbar. Ich will hier ein Beispiel für diese Unterdrückungsinstrumente geben.
Der nette Weg es zu sagen: Lohnsubventionierung
Was sagt Ihnen der Begriff „Lohnsubventionierung“? Nun, Lohnsubventionierung bedeutet, daß der Staat, in welcher Form auch immer, das Lohn-Niveau durch finanzielle Zuwendungen stützt und damit einen Lohnverfall auf seiten des Arbeitgebers ermöglicht. Wie funktioniert das?
Lohnsubventionierung ist eine wesentliche Grundlage des Wirkens der ARGEn. Ein Leistungsbezieher wird genötigt, eine Arbeitsstelle anzunehmen, die zur Deckung seines Lebensbedarfes nicht ausreichend ist. Nach dem Grundsatz des „Forderns“ (die ARGE verwendet dafür auch genau diesen Begriff) wird ihm damit die Möglichkeit gegeben, sich für die Großzügigkeit des Leistungsgewährers insofern erkenntlich zu zeigen, als daß er einen Teil der geldwerten Leistungen selbst verdienen kann, die ARGE also entlastet. Das aber ermöglicht es dem Arbeitgeber, die von ihm gezahlten Löhne in einem Maße zu senken, was ohne die ARGE nicht denkbar wäre, denn sonst würden seine Angestellten kündigen – oder verhungern. Beides kann er sich nicht leisten. Also ist der Staat gefragt, seine Arbeiter am Leben zu halten. Schlimmer noch, dadurch daß der Arbeitgeber seine Lohnkosten erheblich senkt, ist er in der Lage, bei gleichzeitiger Steigerung des Gewinnes seine Leistungen und Produkte zu einem günstigeren Preis anzubieten, er steigert also seine Konkurrenzfähigkeit. Damit sind die Konkurrenten des Arbeitgebers gleichzeitig nicht mehr in dem gleichen Maße konkurrenzfähig, sind also, nach Kapitallogik, zum Angleich gezwungen. Da die ARGE sogar die „Vermittlung“ (Zwangsverpflichtung) der Arbeiter übernimmt, ist das Konzept obendrein noch bequem.
Das heißt, daß die ARGE, obwohl dem Konzept nach eigentlich offiziell Teil des sozialen Sicherungssystems, zur wesentlichen Grundlage eines massiven Lohnverfalls wird und damit auch erheblich mitverantwortlich für den Rückgang (Verschwinden?) sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ist.
Und wer profitiert davon denn nun eigentlich wirklich?
Der Arbeiter, der offiziell Erwerbsloser ist, und trotz einer Arbeitsstelle auf niedrigstem Lohn-Niveau (in jedem Fall über € 100 unterhalb des Pfändungsfreibetrages) und damit niedrigstem Lebensstandard existieren muß? Die Springer-Presse meint, ja. Er sei der sogenannte Sozialschmarotzer.
Das ist schon deswegen falsch, weil die geldwerten Mittel, die ihm der Staat zur Verfügung stellt, ja ausschließlich dem Erhalt seiner Arbeitskraft dienen, und zu mehr auch nicht ausreichend sind (und einige Ernährungswissenschaftler bestreiten selbst, daß sie dafür ausreichend wären).
Anders gefragt: Welchen Lohn spart der Arbeitgeber? Nun, erst einmal spart er natürlich die Differenz zwischen dem gezahlten Lohn und dem angemessenen Lohn. Wenn wir uns hier an unserer Forderung für einen Mindestlohn orientieren, hieße das (inkl. Sozialversicherung und sonstiger Abgaben) bereits eine Ersparnis von ca. € 900,00! Gehen wir einfach nur (zum Vergleich) vom ALG II Satz aus (zuzüglich der dann anfallenden Abgaben wie oben) bleibt immer noch eine Differenz von, im Durchschnitt etwa € 500,00 – Das Beispiel zeigt den Betrag, den der Arbeitgeber durch Ersparnis indirekt vom Staat erhält, geldwerte Leistungen, die er sonst erbringen müsste, um nur die Arbeitskraft seines Arbeitnehmers zu erhalten.
Wer ist also der Sozialschmarotzer?